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Die SAMMLUNG FONDATION HUBERT LOOSER im Chipperfield Bau des Kunsthaus Zürich

Im Kunsthaus Zürich sind Hauptwerke der FONDATION HUBERT LOOSER in drei Sälen des Chipperfield Baus permanent ausgestellt. Die 72 Werke stehen für die Kunst ab 1932 und ergänzen die Sammlung des Kunsthauses in idealer Weise. Das dialogische Prinzip (Ausstellung von Werken aus der SAMMLUNG HUBERT LOOSER, kombiniert mit Werken des Kunsthauses Zürich) wird die drei Räume auch in Zukunft für das Publikum zu einem attraktiven Ort der künstlerischen Auseinandersetzung machen.

Ein elementarer Charakter der SAMMLUNG FONDATION HUBERT LOOSER ist der Dialog, der Austausch innerhalb der Kunstwerke, der Konstellationen jenseits der Ismen und medialen Grenzen entstehen lässt; sowie das transatlantische Wechselverhältnis zwischen Europa und den USA. Das malerisch Gestische, die Linie, Materialität, Prozess sowie das Minimalistische sind die thematischen Schwerpunkte der Sammlung. Sinnliche Formensprache im Figurativen trifft auf abstrakt spirituelle Ausformulierungen.
In den 1960er-Jahren hat HUBERT LOOSER begonnen Kunst zu sammeln. Vorwiegend haben Schweizer Positionen des Surrealismus und des Informel Einzug in die Sammlung gehalten, bevor ab den 1990er-Jahren verstärkt internationale Kunst von Pablo Picasso bis Willem de Kooning angekauft wurde. HUBERT LOOSER lebt mit seiner Kunst, arrangiert sie museal in den privaten Räumen seines Hauses am Zürichberg. Seine Passion zur Kunst möchte er auch mit der Öffentlichkeit teilen. Nach Beendigung seiner Sammlungstätigkeit überführt er die Hauptwerke in das Kunsthaus Zürich und zeigt sie in den Räumen des neuen Chipperfield-Baus.

Raum I: Surrealismus und Abstrakter Expressionismus

David Smiths Woman Music, 1944 zählt zu den herausragenden surrealistischen Skulpturen des US-amerikanischen Bildhauers. Biomorphe Formen definieren eine lyrisch feinsinnige Figuration aus Linien und Flächen. Im Nachbarraum ist Smith mit dem Drip Painting Untitled (Nude), 1964 aus seiner abstrakt expressionistischen Phase vertreten. David Smith ist vor allem für seine geschmiedeten Stahlskulpturen im abstrakt expressionistischen Stil bekannt.
Willem de Kooning hat der Figur und dem menschlichen Körper seit jeher einen wichtigen Platz in seiner Kunst eingeräumt. Anfang der 1970er-Jahre entstehen Bronzeplastiken, die den Prozess des Formens und Deformierens vor Augen führen. Head III, 1973 und Hostess, 1973 korrespondieren mit den zwei etwa zeitgleich gemalten hochformatigen Arbeiten auf Papier. Sinnliche Körper vermengen sich malerisch mit dem Bildgrund.
Willem de Koonings Gemälde von 1977 zählt zum reifen Spätwerk des Abstrakten Expressionisten. Das Bild ist Resultat eines vielschichtigen Malprozesses: cremig-zarte Farbspuren vermengen sich mit transluzid schillernden Segmenten auf der Bildfläche. Flackernde Impressionen von Landschaftsraum, Licht und Atmosphäre werden in den an sich abstrakten Malvorgang integriert.
Chamberlains monumentale Skulptur Archaic Stooge, 1991 befindet sich in Nachbarschaft zu de Koonings abstraktem Landschaftsbild von 1977 und dem lichten Gemälde mit dynamischen schwarzen Schleifen und rot-blauen Farbsegmenten von 1982. Die Faltungen und Demolierungen der Autoteile ergeben skulpturale Pinselstriche mit vibrierender Wirkung. Ihr Wechselspiel zwischen malerischer Fläche, bzw. Tiefe und grafisch schwarzer Kontur eröffnen ein präzises Wechselspiel mit den Bildern im Hintergrund. Chamberlain zählt zu den großen Bildhauern des Abstrakten Expressionismus.
Richard Serra ist der zweite große abstrakte Bildhauer, der im Hauptraum mit einem Werk vertreten ist. Die Papierarbeit Finkl-forge, 1991 leitet formal zu den minimalistischen Positionen im Nachbarraum über. Der Künstler trägt mit physischem Druck den schwarzen Ölkreideblock auf die Papierbögen auf. Die zwei mächtigen schwarzen Flächen kollidieren miteinander, mit gewichtiger skulpturaler Monumentalität.

Raum II: Minimalismus

Donald Judds Werk aus der Serie der Stacks zählt zu den Ikonen der Minimal Art und definiert den seriellen und objekthaften Charakter dieser Kunstform. Das coole Strenge der minimalistischen Skulptur wird jedoch durch den messing/gold-farbigen Ton der vertikal gestaffelten Quader und deren rosé-farbigen Acrylplatten aufgewärmt.
Ellsworth Kelly, Pionier der Minimal Art-Bewegung, hat dem Tafelbild in seiner Malerei Objektcharakter verliehen. Das ursprünglich rektanguläre Format verwandelt sich in eine Shaped Canvas, eine geformte Leinwand, wie etwa White Triangle with Black, 1976, das sich aus einem Rechteck und einem Dreieck zusammensetzt.
Agnes Martin verwandelt Raster und Streifensysteme in sensibel-subjektive Gemälde, die reine Malerei ausatmen. Lichte Gelb- und Blautöne flirren in horizontalen Bahnen auf der quadratischen Leinwand.
Zu den puristischsten Malern der Nachkriegsmoderne und Kunst der Gegenwart ist Robert Ryman zu zählen. Ryman hat sich seit den 1960er-Jahren der Farbe Weiß verschrieben, als neutrale Farbe, die er auf quadratischen Malgründen aufträgt. Seine monochromen Gemälde sind malerische Explorationen des radikalen Minimalismus.

Raum III: Figur und Linie

Picassos Klappplastik Sylvette, 1954 vereint Malerei, Zeichnung und Skulptur in sich. Markant ist das grafische System der schwarzen Linien, die das Mädchen stilisiert auf der Hauptschauseite der Blechskulptur wiedergibt. Die figurativ-lineare Komposition korrespondiert mit den mäandernden malerisch-linearen Formen in Willem de Koonings benachbartem Gemälde.
Wie ein profaner Flügelaltar erstreckt sich de Koonings dreiteiliges Werk von 1985 auf der Wand, ein Triptychon mit strahlender Sinnlichkeit. Organisch ranken sich die grafischen Linien zu schwebenden Strukturen auf dem gleißenden Weiß, öffnen Räume, verleihen dem Bild Freiheit und strahlende Offenheit.

Cy Twombly zählt zur postabstrakt expressionistischen Generation. Der US-Künstler distanziert sich von der heftigen Expressivität des Drippings und des Pinselstrichs mittels kratziger Zeichnung. Diese Zeichnung changiert zwischen abstrakter Spur, Zeichensetzung und Schreiben. Literarische, symbolische Aussagen und prozessuale Eigenheit überlagern sich.
In den 1980er-Jahren widmet sich der Künstler einer vermehrt pastosen und wässrigen Malerei. Landschaftliche Assoziationen entstehen: dichte Wälder und sumpfige Tümpel.

Cy Twomblys Skulpturen wirken auf den ersten Blick wie amorphe Klumpen, zusammengebastelt aus Alltagsmaterialien, provisorisch mit Binden umwickelt, mit Gips angestrichen, sowie in Bronze abgegossen. Diese Skulpturen mit grober Oberflächenbeschaffenheit erinnern an archäologische, stark verwitterte Funde. In diesen Ruinen scheint die Zeit ihre Spuren hinterlassen zu haben.

Fabienne Verdier hat mit dem abstrakt expressionistischen Gemälde L’Un, 2007 eine Hommage an Twomblys strahlend weiße Skulptur Untitled, 1987 geschaffen. Mit dem singulären Pinselhieb greift Verdier die vertikale Achse der dreidimensionalen pflanzlich-anthropomorphen Arbeit auf.

Yves Kleins Figuration ist ein direkter Abdruck des weiblichen Körpers auf der Leinwand. Der Körper wird zum aktionistischen Pinsel, der Künstler ist der Regisseur. Die abgeklatschten Formen entmaterialisieren sich zu auratischen Zeichen im glühenden Blau.

Lucio Fontanas Skulpturen sind Resultate des prozessualen Aushöhlens des bildhauerischen Innenraums. Die massiven Kugeln sind erdverbundene Elemente und stehen diametral zu seinen Concetto Spaziale-Gemälden, die den kosmischen Raum hinter der Leinwand definieren.

Weitere Positionen der SAMMLUNG FONDATION HUBERT LOOSER – wie etwa von Arshile Gorky, Sean Scully, Brice Marden, Giuseppe Penone, Jasper Johns, Anselm Kiefer, Al Taylor – werden in zukünftigen Ausstellungspräsentationen in diesen Räumen vorgestellt.

Florian Steininger

Für Besuche und Führungen kontaktieren Sie bitte die Webseite des Kunsthauses Zürich.

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